Wasser aus dem Erfallbrunnen

28.August 2022

Das Wasser aus dem Eyachtal ist sehr beliebt...

Wasser aus dem Erfallbrunnen

Seit Jahrzehnten pilgern Menschen regelrecht zum Erdfallbrunnen.

Dürfen die das in Zeiten der Dürre und ist das kühle Nass besonders?

 

Dennis Krivec | Neuenbürg/Höfen

 

Das Wasser aus dem Erdfallbrunnen im Eyachtal ist so beliebt, dass Menschen Dutzende Kilometer fahren und Schlange stehen, um das kühle Nass in Kanistern abzufüllen. Selbst Berliner Kennzeichen sollen schon gesehen worden sein. Doch in letzter Zeit drängen sich immer mehr Menschen dort - teils fahren sie sogar mit Sprintern vor und nehmen Tausende Liter mit. In Dürrezeiten mit sinkenden Flusspegeln ein Unding, findet eine Frau aus Dobel und fordert ein Verbot. Aktuell darf aus Flüssen und Bächen kein Wasser entnommen werden. Gilt das auch für den Erdfallbrunnen? Schaden die Zapfer der Umwelt und warum schwören so viele auf das Wasser dieser Quelle? Die PZ war vor Ort und hat mit Experten gesprochen.

 

Donnerstagmorgen, 9 Uhr: Auf dem Weg das Eyachtal hinauf ist nicht viel los. Es ist sonnig und noch angenehm frisch. Nach einer Kurve reicht die Sicht ein paar Hundert Meter weit. Zwei Autos parken links auf einem Schotterstreifen. Auf der anderen Straßenseite stehen zwei Männer vor dem Erdfallbrunnen und füllen Wasser in große Plastikkanister ab.

 

„Für Tee“, antwortet einer der beiden kurz auf die Frage, was das Besondere an dem Wasser ist. Mehr sagt er nicht. Als der Kofferraum seines Kombis mit Pforzheimer Kennzeichen voll mit Kanistern beladen ist, fährt er weg.

 

Die nächsten stehen schon vor dem Eisenrohr, aus dem ein schwacher Strahl kommt. Es ist ein Ehepaar mittleren Alters aus Pforzheim, das sich einige Amphoren und Flaschen aus Glas füllt. „Das Wasser ist viel reiner, als das aus dem Hahn“, sagen sie. Der Mann hat Krebs. Daher trinken sie seit einigen Jahren fast nur noch aus dem Erdfallbrunnen oder nutzen das begehrte Gut zum Kochen. Auch in ihren Kofferraum passt nach ein paar Minuten nichts mehr. Das reicht für ungefähr einen Monat, erzählen die beiden. Auch sie haben schon Sprinter gesehen, die ein Vielfaches mehr aus dem Eyachtal transportieren - und missbilligen das. „Der Parkplatz ist meistens voll. Zu jeder Tag und Nachtzeit. Ich glaube nicht, dass wir hier noch

 

lange Wasser bekommen werden. Es kommen zu viele“, sagt der Mann.

 

Was Menschen teils schon seit Jahrzehnten am Erdfallbrunnen tun, ist auch während des aktuell geltenden Entnahmeverbots aus Flüssen und Bächen erlaubt. Das teilt Enzkreis-Sprecher Jürgen Hörstmann mit. „Unser Umweltamt appelliert jedoch unabhängig davon, das Wasser nur sehr maßvoll zu nutzen.“ „Doch wo soll man die Grenze ziehen?“, fragt sich Peter Kreisz von der Schutzgemeinschaft Eyachtal. „Ein paar Sprudelflaschen sind in Ordnung“, meint er. Aber auch der Neuenbürger beobachtet einen vermehrten Andrang selbst aus Karlsruhe, Stuttgart, Böblingen und Aalen an dem Brunnen sowie Menschen, die das Wasser mit speziellen Vorrichtungen abzapfen und mit größeren Fahrzeugen abtransportieren. „Das sieht nach Gewerbe aus“, meint Kreisz.

 

Tausende Liter gingen dem Eyachtal so verloren. Der Flusspegel sei ohnehin schon sehr niedrig. Welche genauen Auswirkungen das Abzapfen am Erdfallbrunnen hat, kann der Naturschützer nicht sagen

 

„Das müsste man überprüfen.“

 

Die Quelle liegt im Staatsforst und damit im Zuständigkeitsbereich von Arne Glückstein von ForstBW. Auch der Bereichsleiter hat schon öfter voll beladene Sprinter an Ort und Stelle beobachtet und vermutet, dass die Fahrer Geschäfte mit dem Wasser machen. Um es schneller abfüllen zu können, seien sogar schon Schläuche und Rohre verlegt worden. „Wenn wir zehn Cent pro Liter verlangen würden, müssten wir kein Holz mehr verkaufen und wären reich“, sagt Glückstein scherzhaft.

 

Dabei sind auch ihm die größeren Entnahmen von 1000 Litern und mehr ein Dorn im Auge. „Das hat mit Gemeingebrauch nichts mehr zu tun und ist ein Problem. Nach so vielen Wochen ohne Regen fehlt das Wasser der Eyach und der Enz.“ „Ich weiß aber nicht, was ich tun könnte, damit mit dem Wasser kein Reibach mehr gemacht wird“, sagt Glückstein. „Ein Schild macht keinen Eindruck.“ Und man könnte den Erdfallbrunnen auch nicht 24 Stunden überwachen.

 

Bei 100 Litern in der Woche, würde keiner etwas sagen, so der Leiter des Reviers Westlicher Schwarzwald, der selbst schon Wasser fürs eigene Aquarium mitgenommen hat. Glückstein ist überzeugt, dass ein Brunnen der Wasserversorger im Eyachtal diesem 100 Mal mehr Wasser entnimmt.

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